Weltweit wird im Energiesektor nirgends so viel Geld investiert wie in die Elektrizität. Ein neuer Bericht der Internationalen Energieagentur zeigt aber auch: Die Ausgaben für Erneuerbare gehen zurück, die Investitionen in Energieeffizienz schwächeln. Der Lichtblick: Die Situation in Europa weicht davon etwas ab.
Die Summe hört sich nicht nur gewaltig an, sie ist es auch: 1,8 Billionen Dollar (oder 1.800 Milliarden Dollar) wurden im vergangenen Jahr weltweit in den Energiesektor investiert. Diese Zahl hat die Internationale Energieagentur (IEA) jüngst in ihrem alljährlichen Überblick („World Energy Investment“) über die Investitionen in eben jenem Sektor veröffentlicht. Im Vergleich zu 2016 gingen die Ausgaben leicht um zwei Prozent zurück. 2017 war damit schon das dritte Jahr hintereinander, in dem die Aufwendungen sanken.
Das meiste Geld floss in die Stromversorgung, angeführt von kräftigen Investitionen in die Netze – alles in Allem waren es 750 Milliarden Dollar. Damit lagen die Ausgaben in der Elektrizitätswirtschaft zum zweiten Mal in Folge über denen in der globalen Öl- und Gasindustrie. Hier waren es „nur“ 716 Milliarden. Dieser Trend hat laut IEA vor allem zwei Gründe: Zum einen setzt sich generell die Elektrifizierung der Welt fort. Auf der anderen Seite werden bereits heute 95 Prozent der Investitionen in Anlagen und Netze von staatlichen Vorgaben sowie Regulierung getrieben, sie sind somit weniger konjunkturabhängig als solche aus der Privatwirtschaft. Generell wächst weltweit der Anteil von staatlichen Organisationen und Firmen an den Elektrizitäts-Ausgaben. In den vergangenen fünf Jahren stieg er laut der Pariser Experten auf mehr als 40 Prozent.
Ganz anders sieht es bei den erneuerbaren Energien aus. Nach sieben Jahren mit zum Teil deutlichen Zuwächsen schrumpften die Investitionen in Sonne, Wind, Biomasse und Co. 2017 um satte sieben Prozent. Vor allem in Wind und Wasser wurde weniger Geld gesteckt, China drosselt seine Ausgaben für Photovoltaik-Anlagen.
Dieser Rückgang könnte den Ausbau der sauberen Energien bedrohen, den die Welt so dringend braucht, um sowohl Versorgungssicherheit als auch die Klimaziele und Vorgaben zur Luftreinhaltung zu erfüllen. Wir brauchen hier ein starkes Wachstum der Ausgaben, die jetzige Entwicklung ist sehr enttäuschend. Fatih Birol, Executive Dirctor, IEA
Die IEA sieht diese Entwicklung mit großer Sorge: „Dieser Rückgang könnte den Ausbau der sauberen Energien bedrohen, den die Welt so dringend braucht, um sowohl Versorgungssicherheit als auch die Klimaziele und Vorgaben zur Luftreinhaltung zu erfüllen“, betont IEA-Chef Fatih Birol. „Wir brauchen hier ein starkes Wachstum der Ausgaben, die jetzige Entwicklung ist sehr enttäuschend.“ Besonders bedrohlich: Auch die Investitionen in Maßnahmen zur Energieeffizienz wuchsen 2017 weniger stark als noch in den Vorjahren. Hier hat offensichtlich die politische Unterstützung nachgelassen.
Sehr unterschiedlich ist die Entwicklung im Kohle- und Kernenergie-Sektor. Bei der Kernenergie lag das Minus mit 44 Prozent im Jahresvergleich besonders hoch, hier wurden laut IEA mehr Meiler geschlossen als hochgefahren. Hingegen wuchs – vor allem in Asien – die Anzahl der Kohlekraftwerke weiter an. Gleichzeitig ging jedoch die Zahl der Pläne für neue Anlagen zum zweiten Mal in Folge zurück. 2017 gab es in Schubladen und auf Schreibtischen nur noch ein Drittel derartiger Bau-Beschlüsse im Vergleich zu 2010.
Aus Europa stammten knapp 15 Prozent der globalen Energie-Investitionen. Dieser Anteil ist seit Jahren in etwa stabil. Umgerechnet sind das rund 270 Milliarden Dollar. Im Gegensatz zum globalen Trend stiegen hier im vergangenen Jahr die Ausgaben für Energieeffizienz deutlich und die für erneuerbare Energien moderat an. Sie beliefen sich auf 75 bzw. 66 Milliarden Dollar. Vor allem in europäischen Offshore-Windparks floss weiter kräftig Geld. 2017 gingen weltweit Anlagen mit einer Leistung von fast vier Gigawatt ans Netz – die meisten davon in Europa.
Den Bericht in voller Länge zum Download in englischer Sprache finden Sie hier. Eine ausführliche englischsprachige Zusammenfassung der zentralen Befunde der IEA finden Sie hier.
Bildnachweis: © IEA – International Energy Agency