Riesige Erdöl- und Erdgasfelder – der Bundesstaat Texas ist bekannt für seine fossilen Rohstoffe. Woran viele bei dem zweitgrößten Staat der USA im Süden des Landes eher nicht denken, sind Erneuerbare Energien. Zu Unrecht: Tatsächlich hat sich Texas in den vergangenen Jahren zum Abstand größten Windstromerzeuger des Landes entwickelt, mit rund einem Viertel der in den USA erzeugten Windenergie.
Dabei wird der Bundesstaat seit langem von den Republikanern regiert, die bekanntlich eher skeptisch bei Solar- oder Windenergie sind. USA Today, eine der größten Tageszeitungen der Vereinigten Staaten, geht in einem ausführlichen Artikel diesem vermeintlichen Widerspruch auf den Grund und analysiert den Windkraftboom. Der Artikel zeigt exemplarisch, unter welchen Bedingung Erneuerbare Energieträger wirtschaftlich konkurrenzfähig sind.
Zunächst braucht es – wenig überraschend – viel Wind. Den kann Texas liefern, befindet sich der Bundesstaat doch im sogenannten Windgürtel (wind belt), einer Region mit hervorragenden Windressourcen. Der Windgürtel verläuft direkt durch die Mitte des Landes nach Kanada und umfasst Staaten wie beispielsweise Oklahoma, Kansas, Nebraska oder eben Texas. Auch wenn andere Staaten in der Region verstärkt auf Windenergie setzen, Texas ist der Vorreiter. Gründe dafür: Weniger scharfe Baubeschränkungen, Steuersysteme, die den Bau von Windkraftanlagen fördern, sowie ausreichend Stromleitungen.
Bereits im Jahr 2005 entschied Texas – unter dem republikanischen Gouverneur Rick Perry – rund 750 Kilometer Leitungen zu bauen, die den Strom aus dem windigen Nordwesten in die Ballungszentren im Osten des Staates transportieren. „Es ist im Grunde genommen der Ausbau der texanischen Übertragungsleitungen, die den Erfolg von Texas erklären“, sagte Sarah Mills, Ingenieurin und Entwicklungsexpertin an der Universität Michigan, der Tageszeitung USA Today. Zudem verfügt der Bundesstaat über ein eigenes Übertragungssystem namens ERCOT. Da das System keine Staatsgrenzen überschreitet und von Texas selbst kontrolliert wird, kann die Infrastruktur ohne Genehmigungen aus Washington schneller ausgebaut werden.
Des Weiteren braucht es Platz. Und den bietet Texas zuhauf. Gerade die windreichen Regionen im Norden und Westen sind ländliche Gebiete mit wenig Baubeschränkungen. Zudem herrscht laut USA Today eine Vorstellung in der Bevölkerung vor, dass Landbesitzer möglichst frei über ihr Eigentum entscheiden könnten.
Das erklärt, warum in Texas Windparks in großen Dimensionen gebaut wird. Als Beispiel nennt die Tageszeitung den von RWE betriebenen Roscoe Windpark in Westtexas. 627 Windturbinen mit einer Leistung von insgesamt 782 Megawatt erstrecken sich über eine Fläche von rund 340 Quadratkilometern, das ist mehr als die fünf Manhattan Inseln. Bei der Inbetriebnahme im Jahr 2009 war Roscoe, der rund 230.000 Haushalte mit Strom versorgen kann, der größte Onshore-Windpark weltweit.
Betrieben von RWE besteht der Park aus 627 Windturbinen mit einer Gesamtleistung von 782 Megawatt. Er hat eine Fläche von 340 Quadratkilometern und ist somit größer als die fünf Manhattan-Inseln zusammen.
Trotz dieser Dimensionen und den insgesamt 14.720 Windkraftanlagen in ganz Texas zeigen Studien, dass die Anwohner sich von Windturbinen nicht gestört fühlen. Im Gegenteil: Die Windenergiebranche schafft viele Arbeitsplätzen im Bundesstaat. Mehr als 25.000 Texaner arbeiten in der Branche.
Für die ländlichen Gebiete, die unter dem Rückgang von Landwirtschaft und Industrie zu leiden hätten, sei die Windenergie ein Gewinn, so Susan Sloan, Vizepräsidentin für Staatsangelegenheiten bei der American Wind Energy Association in Washington, D.C, gegenüber USA Today. „Die Bauern und Viehzüchter erhalten die Einkünfte aus dem Landbesitz, die Gemeinden erhalten eine größere Steuerbasis und die Städte eine billige, stabile Energiequelle.“