Allen Bemühungen um Elektroautos und alternative Energieträger zum Trotz – der weltweite Durst nach Erdöl lässt nicht nach. Im Gegenteil: Auf rund 103 Millionen Barrel täglich, so prognostizierte die Internationale Energieagentur (IEA) kürzlich, wird der Bedarf bis zum Jahr 2024 ansteigen. Das wären sechs Millionen Barrel jeden Tag mehr als aktuell. Die Experten der IEA sehen zudem keine Anzeichen dafür, dass in den kommenden Jahren ein Gipfel erreicht sein könnte. Zwar werde in Europa künftig weniger Öl konsumiert, doch Asien und die USA würden die globale Nachfrage weiter nach oben treiben. Stützen dieses Wachstums sind vor allem die petrochemische Industrie zur Plastikherstellung und die Luftfahrt.
Laut des Reports „Oil 2019“, den die IEA Mitte März veröffentlicht hat, werden sich die Kräfteverhältnisse auf dem globalen Öl-Markt verschieben. Während die Fördermengen der 15 OPEC-Staaten laut IEA-Prognose leicht sinken könnten, teils aus strategischen Gründen, teils aufgrund von US-Sanktionen, die besonders dem Iran und Venezuela zu schaffen machen, kurbeln die USA ihre Öl-Produktion weiter an.
Dabei profitieren die Vereinigten Staaten vom Schieferöl-Boom, auf den 70 Prozent des globalen Zuwachses in der Öl-Produktion in den nächsten fünf Jahren zurückgehen könnten. So drängen mittlerweile auch große Konzerne wie Exxon-Mobil, Chevron und BP zunehmend in kurzlebigere Schieferöl-Projekte, die lange Zeit eher kleineren Unternehmen überlassen blieben, schreibt die Neue Zürcher Zeitung (NZZ). Gleichzeitig haben die Konzerne offenbar Möglichkeiten entwickelt, die Kosten von Großprojekten drastisch zu senken, und so das Ertragspotenzial ihrer Investitionen zu steigern.
Innerhalb weniger Jahre würden die Vereinigten Staaten so vom größten Öl-Importeur zum wichtigsten Exporteur aufsteigen und hätten sich weiter damit aus einer lange währenden Import-Abhängigkeit befreit. Denn mit den prognostizierten Fördermengen überholen sie nicht nur Russland, sondern schließen auch zu Saudi-Arabien auf. Bereits 2021 würden ihre Öl-Ausfuhren demnach erstmals die Importe übersteigen. Ab 2024 könnten die USA neun Millionen Barrel täglich exportieren, schätzt die IEA.
Durch die zunehmende Konkurrenz aus den USA wird es für die OPEC-Staaten schwieriger, den Ölpreis durch abgesprochene Anpassungen von Fördermengen zu beeinflussen. Die Veränderung der internationalen Handelsströme von Rohöl werde tiefgreifende Auswirkungen auf die Geopolitik haben, sagt IEA-Direktor Fatih Birol.
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