Vor 63 Jahren wurde die Solarzelle zum ersten Mal in der Praxis eingesetzt: Im Jahr 1958 wurde der Weltraumsatellit „Vanguard 1“ ins All geschickt, eine an der Außenseite angebrachte Zelle versorgte ihn mit Strom. Nicht nur der Einsatzort, sondern auch die Kosten für die Solartechnologie bewegten sich damals in astronomischen Höhen. Nach Berechnungen lag der Preis für ein Watt Solar-PV-Leistung Mitte der 50er-Jahre bei rund 1865 US-Dollar. Umgerechnet auf heute würde ein handelsübliches 320 Watt-Modul anstatt rund 180 US-Dollar fast 600.000 US-Dollar kosten.
Von einem quasi unbezahlbaren Nischenprodukt hat sich die PV-Technologie zu einer Massenware entwickelt, die vor allem in asiatischen Fabriken in riesigen Stückzahlen produziert und weltweit installiert wird. Allein im vergangenen Jahr kamen Kapazitäten von rund 132 Gigawatt (GW) hinzu, drei Prozent des globalen Strombedarfs werden mittlerweile mit der Solarenergie abgedeckt. Was diesen Boom ermöglicht: PV-Solarenergie gilt heutzutage als die preiswerteste Form der Stromerzeugung. Wie es zu diesem enormen Preisverfall kommen konnte, untersucht die Recherche- und Datenplattform „Our World in Data“ in einer sehr lesenswerten Untersuchung (auf Englisch).
Wie die Grafik zeigt, war Strom aus neugebauten Photovoltaikanlagen vor nur elf Jahren, im Jahr 2009, die teuerste Form der Stromerzeugung (unter den aufgeführten Energiequellen) und kostete mehr als drei Mal so viel wie Strom aus neuen Kohlekraftwerken. In der Grafik sind die Energieträger nach den sogenannten Stromgestehungskosten aufgeführt. Diese erfassen die Kosten für den Bau des Kraftwerks bzw. der Anlage sowie laufende Ausgaben für Brennstoffe und für den Betrieb insgesamt über die vermeintliche Lebensdauer.
Bei der Solarenergie sind Stromgestehungskosten von 359 US-Dollar pro Megawattstunde ($/MWh) auf 40 $/MWh gesunken – das entspricht einem Rückgang von beeindruckenden 89 Prozent. Auch bei der Onshore-Windenergie weht mittlerweile ein buchstäblich anderer Wind: Die Stromgestehungskosten sind von 135 $/MWh auf 41 $/MWh zurückgegangen. Damit ist auch der Preis für Windenergie an Land in nur einer Dekade um beachtliche 70 Prozent gesunken. Ein gemischtes Bild zeigt sich bei den fossilen Energieträgern: Die Stromgestehungskosten von neuen Gaskraftwerken (zum Ausgleich der Spitzenlast) sind um mehr als ein Drittel (-37 Prozent) gesunken, die von neuen Kohlekraftwerken ziemlich gleich geblieben (-2 Prozent), und die von neuen Kernkraftwerken erheblich gestiegen (+26 Prozent).
Doch wie lassen sich die drastisch gefallenen Kosten bei Sonne und Wind begründen? Laut Max Roser, dem Hauptautor der Studie, folgen Erneuerbare – im Gegensatz zu z. B. Kohle und Kernkraft – einer Lernkurve.
Der entscheidende Faktor dabei ist der Preis für die eingesetzte Technologie, also die Kosten für die Solarmodule selbst. Denn anders als bei konventionellen Kraftwerken, bei denen der Preis hauptsächlich durch den Brennstoff selbst bestimmt wird, sind erneuerbare Energiequellen wie Sonne oder Wind kostenlos verfügbar. Technologischer Fortschritt und steigende Nachfrage üben hierbei den größten Einfluss auf die Preisentwicklung aus.
Mit zunehmender Erforschung und Produktion entwuchs beispielsweise die Photovoltaik der Hightech-Nische, Preis und Nachfrage entwickelten sich nach exponentiellem Verlauf jeweils nach unten bzw. oben: Je günstiger die Module, desto größer die Nachfrage. Je größer die Nachfrage, desto stärker wurden die Produktionskapazitäten ausgebaut – und umso niedriger entwickelte sich der Marktpreis. Mit jeder Verdopplung der neu installierten Kapazität sank der Preis für Solarmodule um etwa ein Fünftel: So fiel der Preis pro Watt eines PV-Moduls seit Mitte der 1970er Jahre von mehr als 100 US-Dollar auf weniger als 50 Cent im Jahr 2019.
Die logische Folge: Auch die Preise für Solarstrom gehen zurück. Den Berechnungen nach sind mit jeder Verdopplung der installierten Kapazität die Stromgestehungskosten um 36 Prozent gesunken – so hoch ist auch die Lernkurve. Auch bei der Windenergie lässt sich dieser Wirkungszusammenhang beobachten, da es, ähnlich wie bei der Solarenergie, große technische Fortschritte sowie eine wachsende Massenfertigung gibt. So sind die Stromgestehungskosten von Onshore-Wind bei Kapazitätsverdopplung um 23 Prozent und die von Offshore-Wind um 10 Prozent gefallen.
Bei der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen sieht das anders aus. Ein Beispiel: Die Stromgestehungskosten von neuen Kernkraftwerken sind in nur zehn Jahren um mehr als 60 Prozent gestiegen. Die stark rückläufige Zahl an neu gebauten Atomkraftwerken erschwert hierbei eine Standardisierung des Baus und sorgt dadurch für höhere Kosten und eine fehlende Lernkurve.
Bildnachweis: shutterstock.com, Peter Adams Photography