Japan ist einer der größten Energieverbraucher weltweit. Obwohl das Land bezogen auf die installierte Kapazität an Erneuerbaren mit zu den globalen Spitzenreitern gehört, ist es nach wie vor stark abhängig von fossilen Brennstoffimporten. Doch Wind- und Solarenergie spielen eine immer wichtigere Rolle im japanischen Energiemix, wie beispielsweise die Präfektur Fukushima zeigt. Sie möchte bis 2030 ihren Erneuerbaren-Anteil auf 70 Prozent bringen und damit eine Vorreiterrolle innerhalb von Japan einnehmen.
Eine erfolgreiche Energiewende in Japan würde nicht nur helfen, die Welt dem 1,5-Grad-Ziel näher zu bringen, sondern zusätzlich verschiedene sozio-ökonomische Indikatoren für den asiatischen Inselstaat verbessern. Das zeigt eine aktuelle Analyse der International Renewable Energy Agency (IRENA). Hier betrachten die Autoren zwei unterschiedliche Szenarien: eines, bei dem die Entwicklungen im Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel vorangetrieben werden, sowie eines, das sich auf die Energiewende-Pläne Japans bis einschließlich 2019 bezieht. Die vergleichende Analyse der Studie stellt dabei insbesondere die Vorteile des auf Erneuerbaren Energien fokussierten 1,5-Grad-Szenarios heraus.
Zu den bestehenden sozio-ökonomischen Herausforderungen in Japan gehören laut IRENA in erster Linie Einkommens- sowie Vermögensunterschiede in der Bevölkerung. Auch der geringe Anteil arbeitender Frauen und die zurückgehende ländliche Demographie stellen ein Problem dar.
Die lokale Energieversorgung hat ebenfalls einen starken Einfluss auf die sozio-ökonomischen Faktoren im Land, allen voran dem gesundheitlichen Wohlergehen der Bevölkerung: Japan ist der weltweit fünftgrößte Emittent aus fossiler Kraftstoffverbrennung. Neben Auswirkungen auf den Klimawandel bringt dies in vielen Gegenden eine schlechtere lokale Luftqualität mit sich, die ihrerseits Einfluss auf die Gesundheit und Lebensqualität der Bevölkerung haben kann.
In Sachen Energiewende hat sich Japan bereits auf den Weg Richtung 1,5-Grad-Ziel begeben: 2020 gab die Regierung Pläne bekannt, das Land bis 2050 klimaneutral machen zu wollen. Ein halbes Jahr später wurde das Vorhaben mit dem international angestrebten 1,5-Grad-Ziel in Einklang gebracht: Die Treibhausgasemissionen sollen bis 2030 nun nicht wie ursprünglich geplant um 29 Prozent im Vergleich zu 2013 sinken, sondern um 46 Prozent.
Schon in den vergangenen Jahren ist die Erneuerbaren-Kapazität in Japan stetig gewachsen. 2020 war in dem asiatischen Land unter anderem die drittgrößte Solar- und die siebtgrößte Biomasse-Kapazität weltweit installiert.
Die jetzige Regierung unter Premierminister Kishida gab jedoch vor kurzem bekannt, wieder verstärkt auf Kernkraft zur Energieversorgung setzen und neue Kraftwerke bauen zu wollen (Link in Englisch).
Das 1,5-Grad-Szenario, das die IRENA-Autoren entwickelt haben, sieht noch ambitioniertere Maßnahmen vor. Auf Japans Weg zur Klimaneutralität legen sie dabei den Fokus vor allem auf leicht verfügbare Technologie, insbesondere auf den Ausbau erneuerbarer Energiequellen, Elektrifizierungsmaßnahmen und die Steigerung der Energieeffizienz.
Das würde sich auf unterschiedlichen Ebenen positiv auswirken: So würde eine noch stärkere CO2-Reduktion etwa die lokale Luftverschmutzung verringern. Dadurch würde das gesellschaftliche Wohlergehen, zum Beispiel auch im Bereich Gesundheit, bis 2050 gegenüber den ursprünglich geplanten Maßnahmen um etwa 12,6 Prozent steigern.
Doch nicht nur die Luftqualität würde von einem ambitionierten 1,5-Grad-Szenario profitieren, stellen die Experten fest. Auch in der Wirtschaft wird ein besseres Wachstum erwartet. So beträgt die durchschnittliche Differenz im Bruttoinlandsprodukt zwischen beiden Szenarien etwa 6,3 Prozent im Zeitraum von 2021 bis 2050. Da Japan in hohem Maße von Importen fossiler Brennstoffe abhängig ist, würde sich die Handelsbilanz in der Übergangszeit um schätzungsweise drei Billionen US-Dollar verbessern.
Bessere Ergebnisse erzielt das IRENA-1,5-Grad-Szenario mit Fokus auf Erneuerbare auch im Bereich Beschäftigung. Japan hat bereits heute eine sehr geringe Arbeitslosenquote. Durch eine beschleunigte Energiewende könnten nochmal zusätzliche 1,6 Millionen Arbeitsplätze entstehen, die meisten davon in der Energiebranche. Diese zusätzlichen Jobs würden vermutlich hauptsächlich in ländlichen Gegenden, wo auch Erneuerbaren-Anlagen gebaut werden, entstehen und so auch dem Landflucht-Phänomen entgegenwirken.
Eine umfassende und ambitionierte Energiewende mit Fokus auf Erneuerbare Energien und Dekarbonisierung, wie die Studie sie skizziert, könnte dem Inselstaat nicht nur helfen, seine Import-Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, sondern auch zu einer Verbesserung des sozialen Wohlstands im Land führen – ohne stärkeren Einsatz der Kernkraft. Dafür ist laut den Experten jedoch nur der Einsatz moderner Technologien nicht ausreichend. Es brauche darüber hinaus ein weitreichendes Umdenken in verschiedenen Bereichen sowie einen breiteren politischen Rahmen, der die Entwicklungen unterstützt, so die Studie.