Die Windenergie wird als die wichtigste Energiequelle der Zukunft gehandelt. Entsprechend erfreulich wirken auf den ersten Blick auch die aktuellen Zahlen und Berechnungen des Vereins Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) zum deutschen Onshore-Ausbau: In den ersten neun Monaten dieses Jahres wurden demnach deutschlandweit 482 Windturbinen mit einer Gesamtleistung von 2027 Megawatt (MW) genehmigt – mehr als im gesamten Jahr 2019. Auch bei der Zahl der Inbetriebnahmen konnte bis Ende September eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr verzeichnet werden. Insgesamt gingen 269 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 878 MW ans Netz.
Ein genauerer Blick auf die Zahlen des Vorjahres relativiert den positiven Eindruck jedoch schnell. Denn: 2019 wurden so wenig Windräder aufgestellt wie seit fast zwanzig Jahren nicht mehr.
Deutschland wird sein Ausbauziel für 2020 somit verfehlen. „Es ist sehr schwach, was da gerade passiert. So werden wir unsere Klimaziele bis 2030 nicht erreichen können“, sagt Jürgen Quentin, Referent für Energiewirtschaft bei der Fachagentur. Lediglich knapp 1000 Megawatt (MW) Windturbinenleistung seien bislang installiert, bis Ende des Jahres soll das Gesamtausbauvolumen nach Expertenschätzungen noch auf 1500 MW ansteigen – die Hälfte von dem, was laut Plan der Bundesregierung vorgesehen gewesen wäre.
Die Gründe für den schleppenden Ausbau der deutschen Windkraft an Land sind nach wie vor vielfältig – Anlieger, die gegen geplante neue Anlagen klagen, Genehmigungen, die sich in die Länge ziehen und zu wenig ausgewiesene Flächen. Auch der en:former berichtete schon vor einem knappen Jahr.
So seien die gestiegenen Zulassungszahlen laut Quentin zum Großteil nur auf gezielte, regional begrenzte Maßnahmen zurückzuführen. Die meisten neuen Windturbinen wurden demnach in Nordrhein-Westfalen (45 Windenergieanlagen (WEA)), Brandenburg (41 WEA) und Niedersachsen (32 WEA) in Betrieb genommen. In fast all diesen Gebieten kommt es durch teilweise Vergrößerungen von Windausbauflächen und Verfahrensvereinfachungen zu einzelnen Lichtblicken. Gleichzeitig liegt auch die sogenannte „Repowering“-Quote mit 27 Prozent so hoch wie seit sechs Jahren nicht mehr. Dieses Verfahren bezeichnet das Ersetzen alter Kraftwerksteile zur Stromerzeugung durch neue Anlagenteile, wobei Teile der vorhandenen Anlagen weiterverwendet werden. Ein weiteres Indiz für fehlende und schwindende Ausbauflächen.
Fest steht: Der Windkraft-Ausbau muss an Fahrt aufnehmen, damit Deutschlands Energiewirtschaft ihr Klimaziel im Jahr 2030 nicht verfehlt: Einen Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch von 65 Prozent.